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TOPIC: 17.Tag im7.M.815 - Brief an Germa aus Rhodien

17.Tag im7.M.815 - Brief an Germa aus Rhodien 8 years 9 months ago #1527

  • Cord
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Den Eynen zum Gruße Bruder Germa,

danke eurer guten Zurede beim Hauptmann sind Johan und ich mit dem Hochprior Richtung Rhodien aufgebrauchen und nicht nach Märgelfurt zurück gekehrt. Ich möchte die Chance nutzen euch etwas von unserer Reise und unserem jetzt schon sechswöchigem Aufenthalt im Kloster Okan zu berichten.

Da Rhodien auf einer Insel liegt begann unsere Reise mit dem Hochprior auf der rhodischen Kampfgaleere „Erlöser“. Diese scheint zwar unter dem Kommando vom Hochprior zu stehen, aber leider haben wir ihn auf der Überfahrt fast gar nicht zu Gesicht bekommen. Er hat fast die gesamte Zeit in seiner Kajüte verbracht. Wenn dies bei jeder seiner Überfahrten der Fall ist, dann verwundert mich auch nicht, dass die Soldaten und Matrosen an Bord sich abenteuerliche Geschichten über ihn erzählen. Mal schauen wie die Überfahrt zur Dracheninsel in Kürze sein wird… Aber abgesehen von den Geschichten, die man den Männern wahrscheinlich nicht mal übel nehmen sollte, da der permanent Dienst in der Enge eines Schiffes bestimmt nicht das schönste Leben ist, herrscht auf der Galeere eine sehr gute Disziplin, alles scheint perfekt eingeschwungen zu sein und die Ruderer arbeiten sogar ohne Peitsche, obwohl es, wie man mir berichtete, alles Kriegs- oder Strafgefangene sind. Ich vermute, dass dieses Schiff schon viele Seeschlachten geschlagen und gewonnen hat.

In Rhodien sind wir an einem Hafen von Bord gegangen der mich eher an eine Festung, als an eine Stadt erinnert. Aber zumindest können sich die Einwohner dort sicher fühlen. Ich würde es fast mit der Sicherheit von Burkenai vergleichen. Vom Hafen aus, hat uns der Großprior zum Palast des Großmeisters geführt, sehr beeindruckend. Nachdem wir uns dort etwas stärken konnten ging die Reise auf dem Pferd weiter ins Landesinnere. Nach zwei Tagen fast durchgehendem Ritt sind wir dann im Kloster angekommen, dass neben einem Kloster auch die einzige Brauerei des Landes ist, wie mir hier berichtet wurde.

Dort wurden wir sehr herzlich aufgenommen, aber seit dem gleicht fast jeder Tag dem anderen. Wir werden jeden Morgen um halb sechs geweckt und haben dann eine halbe Stunde Zeit uns zu Waschen und etwas zu Essen bevor die Morgenlaude beginnt. Danach helfen wir jeden Morgen im Hospital des Klosters die Kranken zu pflegen, bevor es noch am Vormittag auf die Ländereien des Klosters zur Feldarbeit geht. Da es hier sehr warm ist, wird diese Arbeit, wenn sich die Sonne dem Mittagsstand nähert, häufig sehr schwierig und geht hin und wieder mehr an die Kondition als ein Kampf.

Wenn die Sonne den Mittagsstand erreicht hat versammeln wir uns mit allen anderen jeden Tag zum Mittagsgebet und danach gibt es ein sehr karges Mittagessen, meistens nur etwas Eintopf, Wasser und eine Scheibe Brot. Dies reicht selten um meinen Magen auch nur ansatzweise zu füllen, aber es scheint die hier Lebenden irgendwie nicht zu stören. Dabei kann ich mir nicht vorstellen, dass sie nach der Feldarbeit weniger Hunger haben als ich.

Nach dem Essen fordert der Großprior Johan und mich entweder auf uns zum Gebet und Nachdenken zurück zu ziehen oder er nimmt sich, erstaunlich häufig, die Zeit mit uns gemeinsam über das zu reden, was wir auf der Insel der heiligen Zwillinge und in den Monaten davor erlebt haben und wie wir mit unseren Gefühlen, der Lust nach Rache und dem Hass, umgehen müssen. Es ist erstaunlich, wie viel der Großprior über das Chaos weiß und wie hinterhältig die Wege des Chaos sind. Wenn ich bis jetzt immer dachte, dass es nur die Ketzer, Häretiker und Abhumanen sind, die wir bekämpfen, muss ich doch jetzt erkennen, dass dies nur die Spitze ist und das das wahre Böse gar nicht so einfach zu sehen ist. Dass die wahre Gefahr von dem ausgeht, was sich in den Verstand und die Herzen der Menschen, ja zum Teil sogar derer die wir Freunde nennen, schleicht und dort seine Saat des Misstrauens, der Finsternis und des Verderbens säht. So wie es wohl auch bei Lilli passiert ist. Aber zum Glück kann er uns auch zeigen, wie wir im Glauben und in der Gemeinschaft aller Gläubigen Hilfe und Schutz finden können, soweit es diese denn gibt.

Nach diesen Gesprächen, die sich fast immer über Stunden und somit den gesamten Nachmittag hinziehen, gib es zur sechsten Stunde mit allen im Kloster lebenden einen Abendgottesdienst und danach ein Abendessen. Während des Abendessens sind alle Brüder, Novizen und Bediensteten des Klosters an einem Tisch und nehmen das Essen schweigend zu sich. Nur ein Bruder redet und liest die ganze Zeit Passagen aus dem Hilerium und Luxarium vor.

Nach dem Abendessen wird jeden Tag noch für einige Zeit in der Brauerei gearbeitet, bevor wir ungefähr zur zehnten Stunde auf unsere Kammer zurückkehren können. Dann haben wir wieder etwas Zeit für uns, können mit anderen Brüdern oder Novizen sprechen oder die Bibliothek des Klosters besuchen. Neben Glaubenstexten sowie Abschriften des Tagebuchs des heiligen Jonas und Texten über die Braukunst, Heil- und Kräuterkunde, findet man hier erstaunlicher Weise auch einige Schriften über die Kriegskunst, welche ich schon fast alle gelesen habe.

Der Tag endet dann immer zur Mitternacht mit dem Komplet und um halb eins dürfen wir zu Bett gehen bevor wir dann fünf Stunden später wieder von vorne mit allem beginnen.

Es ist ein sehr anstrengendes und wenig Abwechslungsreiches Leben hier, aber es hilft mir und ich hoffe auch Johan, viele Dinge zu verstehen und einen Weg zu finden mit diesen umzugehen. Ich hoffe nur, dass wir unsere engsten Gefährten vor dem Schicksal, dass Lilli erleiden musste, bewahren können und baue hierbei sehr auf Eure Unterstützung und euer Wissen.

Bevor ich meinen Brief beenden muss, da es gleich wieder Zeit für das Komplet ist, möchte ich noch kurz von einem Mann berichten, den ich in meiner Zeit im Hospital kennen gelernt habe. Es war ein sehr alter Mann, namens Einfried, der wegen einer Lungenentzündung im Hospitz war. Dieser konnte noch von der Zeit berichten, als in Rhodien noch nicht alle dem Ceridentum angehörten und wie ich nach seinem Tod erfuhr, war er einer der Wenigen die Jonas den Ordensstifter noch kannten. Viel hatte dieser Mann in seinen letzten Tagen zu berichten, viel konnte ich aus seinen Geschichten lernen, aber davon kann ich euch hoffentlich demnächst selber erzählen.

Möge der Eyne immer mit uns sein.

Hochachtungsvoll und wieder mit mehr Zuversicht,
Conrad
IT: Leutnant Conrad - OT: Sebastian
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